Richters Folge Strandläufer I bis VII

Datum: 08.08.1980
In Kategorie: ,

Radierung und Aquatinta

Zwischen 1979 und 1981 arbeitete Gerenot Richter an einer Vielzahl von Blättern, die die Weite des Meeres, den Strand, die Küste und den umgebenden Wald zum Thema hatten. In der Folge Strandläufer hat er daraus insgesamt sieben Arbeiten zusammengefasst.

II-061 Strandläufer I 1976, Kaltnadel

II-062 Strandläufer II 1976, Kaltnadel

II-063 Strandläufer III 1976, Kaltnadel

II-064 Strandläufer IV 1977, Radierung und Aquatinta

II-065 Strandläufer V 1977, Radierung und Aquatinta

II-066 Strandläufer VI 1977, Radierung und Aquatinta

II-138 Strandläufer VII 1981, Radierung und Aquatinta

Die komplette Folge bzw. einzelne Werke daraus befinden sich in folgenden Sammlungen:

  • Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
  • Kulturstiftung Meiningen-Eisenach
  • Justus-Liebig-Universität Giessen – Sammlung Schüling
  • Neue Sächsische Galerie Chemnitz
  • Kulturhistorisches Museum Görlitz – Städtische Kunstsammlung
  • Winckelmann-Museum Stendal
WV II-061 Strandläufer I, 1976,
Kaltnadel, 28,5 x 41,5 cm
WV II-062 Strandläufer II, 1976,
Kaltnadel, 28,5 x 41 cm
WV II-063 Strandläufer III, 1976,
Kaltnadel, 28,5 x 41 cm
WV II-064 Strandläufer IV, 1977,
Radierung und Aquatinta, 21,5 x 24,5 cm
WV II-065 Strandläufer V, 1977,
Radierung und Aquatinta, 21,5 x 24,5 cm
WV II-066 Strandläufer VI, 1977,
Radierung und Aquatinta, 21,5 x 24,5 cm
WV II-138 Strandläufer VII, 1980,
Radierung und Aquatinta, 24,5 x 31,5 cm

Die Ostsee – Motiv für avantgardistische Pleinairs und Symbol für Fernweh

Ostseebilder spiegeln Persönliches, sie spiegeln in bemerkenswerter Weise auch das Leben in der DDR. Die weiten Strände auf Rügen, Usedom oder dem Darß sind für viele ehemalige DDR-Bürger verbunden mit Urlaubserinnerungen, mit einem Abschalten vom Alltag. Hier konnte man eintauchen in ein Gefühl von unbeschwerter Weite und Freiheit, nicht zuletzt durch die legalisierte Freikörperkultur der Badeordnung (von 1956). Freiheit zu spüren, der tiefe Wunsch vieler DDR-Bürger, konnte hier gestillt werden. Die fröhliche Stimmung verband sich zugleich aber auch mit einer Ahnung von der Bedrohung des Lebens.

Da gab es die spürbar gewaltige Kraft der See und des Windes, den nicht zu überblickenden, weiten Landschaftsraum, die hoch aufragenden Kreidefelsen der Steilküste, die Steine und gestürzten Bäume. Werden und Vergehen erscheinen sichtbar ineinander verwoben. Dort, wo die Natur fortlaufender Veränderung unterliegt, dort wo der Mensch im Spannungsfeld gigantischer Kräfte steht, dort wird der Mensch sich seiner Winzigkeit bewusst! Da wächst Beunruhigung! Hier wird verständlich: Nichts bleibt, wie es war!

Das Motiv des Strandes und der See in den Werken der DDR-Kunst mit all seinen differenzierten künstlerischen Formlösungen, erscheint als Ort einer über die Grenzen der Menschen erhabenen Existenz. Die ostdeutsche Kunst – da können wir in alle Richtungen schauen, besonders aber zu den Künstlern der Leipziger Schule (die G. R. sehr schätzte!) – durchzieht die Liebe zur Ostsee! Das verwundert nicht. Vor dem Hintergrund einer hermetisch abgeschlossenen DDR wurde dieser Landschaftsraum Motiv für avantgardistische Pleinairs und Symbol für Fernweh. Es lässt sich erkennen, dass diese Ostseebilder über Privates hinauswuchsen und zu einem gesellschaftlichen Thema wurden, ja in besonderem Maße identitätsprägend! Das Werk Gerenot Richters gehört dazu! Hier fand Nachdenklichkeit, das Reflektieren über Humanität und über unser Naturverständnis einen Ausdruck.

Man kann unbescheiden sagen, dass viele Ostseebilder dieser Zeit bemerkenswerte, kunsthistorisch wertvolle Leistungen sind, die sich in die Reihe der konventionellen Strand- und Meerstücke stellen dürfen!

Aus einer Laudation von Christina M. Wilsky aus dem Jahr 2016