Volkhard Böhm
„Frühling mit A.D.“, ein Fensterbild als Sinnbild für Hoffnung und Sehnsucht. Draußen vor dem Fenster steht der Dudelsackpfeifer aus einem Kupferstich Dürers von 1514 inmitten einer winterlichen Landschaft, drinnen auf dem Fensterbrett ein welkes Blatt, blühender Ritterstern, treibender Rhabarber und ein Schneckenhaus, alles Sinnbilder in einem großen Gleichnis: Werden und Vergehen, Ausgesetztsein und Geborgenheit und der schöpferische Mensch eingebettet in den Lauf der Geschichte.
Gisold Lammel
In der Kaltnadelradierung „Frühling mit A.D.“ von 1982 tritt der Betrachter vor das Fenster und begegnet dem Blick eines Dudelsackpfeifers, der da am kahlen Baum lehnt und volkstümliche Weisen spielt. Er entstammt dem frühen 16. Jahrhundert, genauer gesagt, einem Stich Dürers aus dem Jahre 1514. Es handelt sich gewissermaßen um eine Kunstbegegnung in doppelter Weise: mit einem Musizierenden und zugleich mit einer Kunstfigur. Die zunächst sonderbar anmutende Gestalt bringt sozusagen ein Ständchen, grüßt aus der Vergangenheit herüber. Oder weist sie auf den Abgesang alles Überlebten, oder verabschiedet sie nur den Winter? Oder kündet sie „Neues“ im alten Gewande an?
Auf sonnigem Fensterbrett stehen blühender Ritterstern und treibender Rhabarber, daneben windet sich ein dürres Blatt aus dem verwichenen Jahr, Zeitlichkeit und Vergänglichkeit andeutend. Daneben liegt ein Schneckenhaus als Sinnbild der Geborgenheit. Das Stillleben beschreibt im Vordergrund eine Wellenlinie, die nach Auffassung des englischen Malers und Grafikers William Hogarth die Linie der Schönheit ist.
Natürlich steht dieser Fensterausblick in einer langen künstlerischen Tradition. Im 19. Jahrhundert kamen sogenannte Fensterbilder häufig vor. Und damals wie heute wird mit dem in ihnen gestalteten Verhältnis von Innenraum und Außenwelt auch das von Individuum und gesellschaftlicher wie natürlicher Umwelt reflektiert. Häufig wurden gerade mit dem Motiv des geöffneten Fensters Hoffnungen und Sehnsüchte angedeutet. Auch diese Radierung lässt sie anklingen und darüber hinaus Freude über einsetzende Erneuerung, die der beginnende Frühling verheißt. Richter machte hier das Dürerzitat zum Angelpunkt der Komposition. Schon nach flüchtigem Blick wird die entliehene Bildfigur be- und hinterfragt. Sie bewirkt die seltsame Begegnung und lässt an ein historisches Genrebild denken.
Erläuterungen zur Werkgruppe […]
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Erläuterungen zur Werkgruppe […]
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Der weibliche Kopf ist die Abbildung eines beschädigten Gipsabgusses aus der ehemaligen Sammlung antiker Gipsabdrücke des Winckelmann-Instituts der Humboldt-Unversität zu Berlin.
1952 waren Gerenot und ich zum ersten Mal in Ahrenshoop / Niehagen auf dem Darß. Wir besuchten einen Freund meines Mannes (Günter Ehrlich) und verliebten uns prompt in diesen wunderschönen Landstrich. Die Hoffnung dort einmal Urlaub machen zu können, erfüllte sich jedoch viele Jahre lang nicht.
Erst 1976 boten uns Nachbarn in Berlin an, ihre Ferienunterkunft in Niehagen zu übernehmen. Das kleine Holzhaus im Boddenweg 4 bei Familie Sch. entsprach nicht ihren Erwartungen. Wir hingegen waren entzückt, hier endlich einmal 14 Tage verbringen zu können. Schon bei einem unserer ersten Spaziergänge machten wir die Entdeckung, dass sich im gegenüberliegenden Haus Boddenweg 1 in den 1930er Jahren das Atelier von Gerhard Marcks befunden hatte.
Die Steilküste von Ahrenshoop hatte es uns besonders angetan. Stundenlang schritten wir gebückt auf dem steinigen Stand entlang, bewunderten die vom Wind glatt geschliffenen Klippen und Hölzer und machten uns auf die Suche nach versteinerten Seeigeln. Zwischendurch ließen wir uns an einer windgeschützten Stelle nieder. Gerenot zeichnete und fotografierte ohne Unterlass.
Auszug aus den Erinnerungen von Ingeborg Richter