Grafik und Handzeichnungen

Datum: 11.08.1994
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Gerenot Richter Ausstellung in der Galerie Schmidt-Rottluff Chemnitz


Der Einführungstext im Katalog des Staatlichen Kunsthandels der DDR von Inga Kerkin

Gerenot Richter konzentriert sich seit einigen Jahren in seiner künstlerischen Arbeit bewusst auf die Radierung. Im Beherrschen aller Feinheiten dieser Technik erreicht er eine kaum zu übertreffende Intensität. Diese Tatsache lässt ihn zum Außenseiter im Bild Berliner Kunst werden, denn nur vereinzelt streben Berliner Künstler eine ähnliche Präzision an.

Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Radierung von der Kaltnadel, der Strichätzung über die Aquatinta bis hin zu anderen Tiefdrucktechniken wie der Vernis mou (Weichgrundätzung, Anmerkung der Redaktion) und Mezzotinto hat er systematisch erprobt und seinen Intentionen entsprechend verwendet.

Die Verknüpfung von Linearem und Malerischem ist für seine Radierungen typisch geworden. Eine gegenstandsdefinierende Zeichenweise korrespondiert mit feinsinnig differenzierten Tonwerten, wobei die Skala seiner Grautöne sehr umfangreich geworden ist. Selten werden Farbwerte mit einbezogen, mitunter entscheidet er sich für eine Tönung der ganzen Platte.

Konkrete Naturvorbilder der Landschaft sind Ausgangspunkt für Gerenot Richters Radierungen. Er versucht sie in exakter detailreicher Zeichenweise zu erfassen. Die im Detail gefundenen grafischen Lösungen bestimmen oft den Reiz seiner Blätter. Die Realität bleibt bei Gerenot Richter nicht ohne metaphorischen Tiefsinn und veristischen Sachwert. Dabei kommt es zur Verschlüsselung von Bildgleichnissen. In ihnen begegnen sich Natur, Mensch und Künste. Direkte Zitate verknüpfen die Kunstgeschichte mit der Gegenwart. Gerenot Richter sucht immer wieder Traditionslinien für seine Arbeit. Sie führen von der Renaissance über die Romantik bis hin zu zeitgenössischer Kunst. So wurden Albrecht Dürer, Caspar David Friedrich, Otto Runge, Otto Dix und Franz Radziwill von ihm auf einem Blatt, „Das Neugeborene“, zusammengeführt.


Jede Grafik Gerenot Richters hat ihr Geheimnis. Nur dem aufmerksamen Betrachter zeigen sich versteckte Figuren und Gesichter. Zuweilen geht ein Hauch von Wehmut über die Vergänglichkeit von seinen Grafiken aus. Letztendlich ist bei Gerenot Richter auf den ersten Blick sorgsam wiedergegeben erscheinende Naturbeobachtung gleichnishafte, fantastische Poesie.


Abbildung: Gerenot Richter WV II-105 Das Neugeborene – Hommage zum Jahr des Kindes, 1979 / 1980, Farbradierung auf zwei Platten, Kaltnadel, 36 x 47 cm

Verkaufsausstellung in der Galerie Schmidt-Rottluff vom 11. August bis 4. September 1982 | Eröffnung in Anwesenheit des Künstlers